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Die Drahtseilbahn der Schamottefabrik Breitscheid

 

Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Gerhard Lingenberg, Breitscheid

http://www.alt-breitscheid.de/ti-verkehr-draht-1

 

Drahtseilbahn der Schamottewerke Breitscheid, von Breitscheid nach Niederdresselndorf über den "Einsamen Baum"

 

Bei der Gründung des Werkes war Breitscheid ohne Bahnverbindung. Die Westerwaldbahn Herborn - Westerburg bestand noch nicht. Es musste daher für den Transport der ein- und ausgehenden Güter eine Transportmöglichkeit gesucht werden. Die nächstgelegene Bahnstation im Dillkreis war Herborn. Dieser Bahnhof schied wegen der Entfernung (9 km) aus. Es wurde daher der Gedanke erwogen, eine Drahtseilbahn anzulegen. Als Verladestation wurde Niederdresselndorf Kreis Siegen (6 km entfernt) in Aussicht genommen.

Die Drahtseilfabrik Adolf Bleichert in Leipzig wurde 1899 mit der Projektierung einer Drahtseilbahn und anschließend mit dem Bau beauftragt. Die Drahtseilbahn war Ende 1901 fertiggestellt und kostete RM 158.526,20. Sie hat eine Länge von 5,4 km und besitzt 48 Holzstützen bis 28 m hoch und 2 Spannvorrichtungen. Das Zugseil hat einen Durchmesser von 19 mm, das leichte Tragseil einen Solchen von 22 mm und das schwere Tragseil von 30 mm. Bei einem Einsatz von 90 Seilbahnwagen ist die Drahtseilbahn, soweit Schüttgut in Frage kommt, für eine Stundenleistung von 40 t vorgesehen.

Die Seilbahnstation in Niederdresselndorf besitzt Schüttvorrichtungen für die Verladung von Schüttgut (Ton und Stückschamotte), ferner eine Niederlass-Vorrichtung für das Verladen von Schamottesteinen. Ferner ist auf der Verladestelle ein einstöckiges Aufseherhaus errichtet worden.

Die Drahtseilbahn überquert Gelände der Gemeinden Breitscheid, Langenaubach, Flammersbach und Niederdresselndorf. Der Höhenunterschied zwischen Breitscheid und Niederdresselndorf beträgt 124 m. Während die Gemeinde Breitscheid das für den Bau der Drahtseilbahn erforderliche Gelände laut Vertrag ohne Pachtzins zur Verfügung stellen musste, müssen Pachtabgaben gezahlt werden an

  • a) Privatgrundbesitzer in Breitscheid                                          RM 45,95
  • b) Privatgrundbesitzer in Langenaubach                                     RM 30,70
  • e) an die Gemeinde Langenaubach                                             RM 100,00
  • d) an die Gemeinde Flammersbach                                             RM 100,00
  • e) an die Haubergsgenossenschaft in Niederdresselndorf . .  . . .RM 66,50
  • f) an die Gemeinde Niederdresselndorf                                       RM 50,00.

Mit Rücksicht darauf, dass die Seilbahn nur als ein Provisorium angesehen werden sollte, wurde sie, wie schon erwähnt, in Holzkonstruktion errichtet. Am 18.5.1910 war ein größerer Seilbahnschaden durch Sturmschaden zu verzeichnen, der einen größeren Teil der Seilbahn vernichtete und die Verladung für 8 Wochen unmöglich machte. Ein weiterer größerer Seilbahnschaden entstand im März 1928 ebenfalls durch Sturm, der eine Betriebsstillegung für 9 Monate zur Folge hatte.

Bis zum Jahre 1919/20 war die Drahtseilbahn an die Haupttransmission des Mahlraums angeschlossen. Dann erhielt sie durch Aufstellung eines Elektromotors Einzelantrieb.

An Donnerstag, dem 18.12.1947, erlitt der langjährige Seilbahnstreckenwärter Hermann Schlicht aus Breitscheid einen tödlichen Unfall. Nachdem er entgegen seiner Gewohnheit bei Schichtschluss nicht nach Hause kam, waren seine Angehörigen beunruhigt und benachrichtigten die Werksleitung. Diese schickte unverzüglich je eine Kolonne von Niederdresselndorf und Breitscheid auf die Strecke, um diese abzusuchen. Darüber hinaus fuhr die Werksleitung mit ihrem Lieferwagen, begleitet von dem Gendarmerieposten und versehen mit einer Tragbahre und Wolldecken durch die französische Zone nach Niederdresselndorf. Sofort bei ihrem Eintreffen in Niederdresselndorf erfuhr sie, dass der Streckenwärter Schlicht am Fuße der etwa 28 m hohen Seilbahnstütze Nr. 8 auf Niederdresselndorfer Gebiet tot liege.
Offenbar hat der Streckenwärter Schlicht, der als schwindelfrei galt, versucht, noch als Abschluss der Winterarbeiten eine geringfügige Reparatur an der Seilbahn vorzunehmen und ist bei dieser Gelegenheit auf dem Podest der Seilbahnstütze mit seinen vereisten Schuhen ausgerutscht und abgestürzt.
Am 21.12.1947 erfolgte unter grosser Beteiligung des Werkes und der Bevölkerung die Beerdigung. Schlicht war verheiratet und hinterließ 3 minderjährige Kinder. Bei der Kranzniederlegung wurde herausgestellt, dass es für die Werksleitung besonders schmerzlich sei, dass gleichsam im Endstadium des Seilbahnbetriebes sich noch dieser schwere Unfall ereignen musste, nachdem 50 Jahre hindurch sich nicht ein einziger ernster Unfall zugetragen hat. Immer aber, wenn von dieser Arbeitsstätte auch in fernen Zeiten die Rede sein würde, werde sein Name unaslöschlich damit verbunden sein.-

Anschlussgleis Niederdresselndorf (Strecke Köln - Giessen)

Am 26. August 1899 wurde über den Amtmann in Burbach Krs. Siegen der Antrag auf Errichtung eines Privatanschlussgleises in Niederdresselndorf, der Strecke Köln - Giessen (km 111,8 und 111.9) gestellt. Der Antrag wurde durch den Regierungspräsidenten in Arnsberg am 7. November 1899 genehmigt.

Der Anschlussgleisvertrag mit der Königl. Eisenbahndirektion Frankfurt-M. datiert vom 15. Februar 1900. Errichtet wurde ein Doppelgleis mit einer Länge von 226 m. Ferner musste für das Anschlussgleis eine Wegeunterführung errichtet werden, die von dem Werk unterhalten werden muss und die Anfertigung eines Brückenbuches bedingte. Das Anschlussgleis wurde im Jahre 1900 in Betrieb genommen. Es besitzt je ein Zustell- und Abholgleis und eine Waggonwaage.

Durch die nach dem Zusammenbruch 1945 erfolgte Zonenbildung wurde unser Anschlussgleis in Niederdresselndorf ein Kuriosum. Während Breitscheid in der amerikanischen Zone liegt, gehört das Dorf Niederdresselndorf zur englischen Zone. Der Bahnhof Niederdresselndorf, und damit unser Anschlussgleis, wurde indessen durch alliierte Anordnung im Jahre 1946 aus der Verwaltung der Reichsbahndirektion Frankfurt-M. herausgenommen und der Reichsbahndirektion Mainz, also der französischen Zone unterstellt. Alle Lieferungen von uns berühren somit,jeweils drei Interessensphären.

Die zur Beladung erforderlichen Waggons müssten für Niederdresselndorf über das Wagenamt Betzdorf bei der Reichsbahndirektion Mainz angefordert werden. Das Werk hat von dort nicht einen einzigen Waggon bekommen. Entgegenkommender Weise hat der Wagendienst in Dillenburg, obwohl dies nicht zulässig war, die erforderlichen Wagen zur Verfügung gestellt.

Seit dem 1. März 1948 gehört der Bahnhof Niederdresselndorf wieder zur Reichsbahndirektion Frankfurt-M., sodass damit der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt ist.